Checkliste Unternehmenskauf

Checkliste für Unternehmenskäufe

von Rechtsanwalt Kiril Stawrew, Berlin

 

A. Phasen des Unternehmenskaufs

Ein Unternehmenskauf läuft in der Regel in vier Phasen ab, nämlich:

  1. Informationsgewinnung
  2. Wirtschaftliche Einigung
  3. Due Diligence
  4. Gestaltung und Verhandlung des Unternehmenskaufvertrags

 

B. Die Phasen im Einzelnen:

 

I. Informationsgewinnung

1. Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen Verkäufer und Verkäufer, die auch beinhaltet: das Verbot des Abwerbens von Kunden und Mitarbeitern und der Nutzung der gewonnenen Informationen zu Konkurrenzzwecken

2. Anschließend legt der Verkäufer Informationen offen über:

  1. den wirtschaftlichen Wert des Unternehmens
  2. den Grund für den Verkauf
  3. seine etwaige Bereitschaft, den Käufer einzuarbeiten und zu unterstützen
  4. den Zeitplan für den Unternehmenskauf

Hinweis: hier sollte mit den beratenen Rechtsanwälten und Steuerberatern Rücksprache genommen werden, damit keine falschen Vorstellungen über die Dauer des Unternehmenskaufs und über den Zeitplan entstehen, und Erwartungen später nicht enttäuscht werden.

Ferner sollte der Verkäufer darauf hingewiesen werden, dass die Frage, „wie schnell“ man den Kauf abschließt, auch sehr stark davon abhängt, wie zügig und vollständig er dem Käuferanwalt die Unterlagen zur Verfügung stellt, die dieser braucht, um die Due Diligence durchzuführen. Manchmal „investieren“ nämlich Verkäufer zu wenig Zeit darin, die notwendigen Unterlagen zusammenzutragen und dem Käufer zu übermitteln, was zu einer Verzögerung des Kaufs und zur Verunsicherung von Kunden und Arbeitnehmern führen kann.

3. Der Käufer sollte seinerseits die „Machbarkeit“ des Unternehmenskaufs und der Unternehmensfortsetzung prüfen. Sofern der Käufer hier wenig eigene Erfahrung hat, ist die Beratung durch einen Fachmann zu empfehlen, um später „böse Überraschungen“ zu vermeiden.

Sollte der Käufer mit Kreditfinanzierung arbeiten, müsste er hier prüfen, ob innerhalb dieses Zeitplans die Finanzierung sichergestellt werden kann. Sollte der Betrieb genehmigungspflichtig sein, sollte er prüfen, ob und welche Genehmigungen er braucht und ob und bis wann er sie bekommt, bzw. was in der „Zwischenzeit“ bis dahin sein soll.

 

II. Wirtschaftliche Einigung

1. Einigung in einem „Term Sheet“ über die wesentlichen Fragen wie z.B.: Kaufpreis, Garantien, Unterstützung des Verkäufers, Wettbewerbsverbot, „Übertragung“ von Kunden und Bankkonten, sowie über alle sonstigen Fragen, die für Käufer und Verkäufer von Bedeutung sind (siehe Punkt 3)

2. Einigung zum weiteren Ablauf und Zeitplan (insbesondere Ablauf der Due Diligence, Entwurf des Kaufvertrages)

3. Es empfiehlt sich, im Term Sheat über folgende Fragen die Einigung aufzunehmen:

  1. Was genau wird verkauft und übertragen? Was wird vom Käufer nicht übernommen?
  2. Wann und wie geht das Eigentum am verkaufen Gegenstand/ Recht (bzw. an den verkauften Gegenständen und Rechten) jeweils auf den Käufer über?
  3. Welche Übergangsregelungen sollen gelten für die Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und vollständiger Übergang des Unternehmens?
  4. Ab wann steht der Gewinn /die Erlöse/ dem Käufer zu? Was passiert mit vorausbezahlten Kosten und Steuern?
  5. Wie setzt sich der Kaufpreis zusammen und gibt es u.U. spätere Änderungen/Anpassungen?
  6. Wann ist der Kaufpreis fällig und wie wird er abgesichert?
  7. Welche Garantien übernimmt der Verkäufer und was sind die Folgen bei Garantieverletzungen?
  8. Einarbeitungs- und Unterstützungspflichten des Verkäufers: Umfang und Dauer, ggf. gesonderte Vergütung dafür?
  9. Wettbewerbsverbote und Kundenschutz: Umfang und Dauer
  10. Steuerklauseln, u.a.: Was passiert mit Steuernachforderungen oder bei steuerlichen Fehleinschätzungen? Wem stehen Steuerrückerstattungen zu?

Hinweis: Die Checkliste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn jeder Einzelfall und jede Branche sind verschieden und weisen Besonderheiten auf.

Sofern man sich auch über die rechtliche Struktur (z.B. Share Deal oder Asset Deal etc.) oder Vorgehensweise einigen möchte, sollte man vorher einen Rechtsanwalt befragen und dabei klären, ob die gedachte Lösung überhaupt möglich, sinnvoll und in dem angenommenen zeitlichen Rahmen umsetzbar ist.

Nicht selten kommt es nämlich vor, dass sich die Parteien auf etwas „einigen“, was sich später als rechtlich nicht möglich oder nicht sinnvoll erweist (weil es mit Nachteilen verbunden ist, die den Parteien zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt sind).

Daher sollte die wirtschaftliche Einigung wenig Details enthalten, sie sollte sich eher auf das Endergebnis und das wirtschaftliche Ziel beziehen, und die Frage, wie und auf welchem Weg dieses Ziel am besten erreicht werden kann, der späteren Vertragsverhandlung und Gestaltung überlassen, da hierfür rechtliche Fachwissen erforderlich ist.

Z.B. sollte man sich nicht einigen auf die „Absicherung des Kaufpreises durch Bankbürgschaft“, da der Käufer vielleicht keine Bankbürgschaft bekommt, oder diese zu teuer ist; auch nicht auf eine „Absicherung des Kaufpreises durch Hinterlegung auf ein Notaranderkonto“, da sich möglicherweise kein Notar bereit erklärt, ein Anderkonto dafür zur Verfügung zu stellen. Vielmehr sollten sich die Parteien einfach auf die „Absicherung des Kaufpreises“ einigen, und die Details der Art und Weise, also das „Wann und Wie“ dieser Absicherung den beauftragen Rechtsanwälten überlassen, die hierfür ihren Mandanten die unterschiedlichen Optionen aufzeigen und erklären, die konkrete Regelung verhandeln und im Kaufvertrag aufnehmen.

Wenn natürlich die Parteien erfahren genug sind und eine Vielzahl von vergleichbaren Unternehmenskäufen bereits gemacht haben, dann spricht nichts dagegen, bei der Einigung ins Detail zu gehen. Aber Parteien, die so etwas noch nie in der Praxis gemacht haben und keine eigene Erfahrung besitzen, würde ich empfehlen, die Details den Rechtsanwälten und Steuerberatern zu überlassen und sich nur über „die Grundsätze“ zu verständigen.

4. Vereinbarung einer angemessenen Exklusivitätsfrist, in welcher der Käufer die Möglichkeit hat, die Due Diligence ordnungsgemäß durchzuführen und den Vertrag zu entwerfen/ zu prüfen, zu verhandeln und zu unterzeichnen. Die Länge dieser Frist hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

Hinweis: die wirtschaftliche Einigung sollte stets unter dem Vorbehalt stehen, dass die daran anschließende rechtliche und steuerrechtliche Due Diligence positiv ist und keine Fakten offen legt, die für die Bewertung des Unternehmens und für den Kaufpreis von Bedeutung sein könnten

Zugleich sollte der Käufer mit den Verkäufern vereinbaren, dass falls die Due Diligence negativ ausfällt, man sich noch einmal zusammensetzen sollte um zu überlegen, wie man damit umgeht und welche Lösung sich anbietet.

Ferner sollten Käufer versuchen durchzusetzen, dass falls die Due Diligence erhebliche Mängel aufzeigt und sie vom Kauf Abstand nehmen, der Verkäufer dem Käufer die Kosten der – für ihn nutzlosen – Due Diligence zu ersetzen hat. Dies ist fair, weil letztlich der Verkäufer dadurch über sein eigenes Unternehmen wertvolle Informationen bekommt, und es daher sachgerecht ist, wenn er diese im Ergebnis bezahlt.

 

III. Rechtliche Due Diligence

Die rechtliche Due Diligence wird in der Regel von Rechtsanwälten und Steuerberatern durchgeführt und endet mit einem Bericht und ggf. einer Empfehlung, wie weiter vorzugehen ist.

Hinweis: Sofern die Tätigkeit des Unternehmens von technischen Anlagen abhängig ist, sollte ggf. auch eine technische Prüfung dieser Anlagen erfolgen. Inhalt und Umfang der technischen Due Diligence sollten mit dem jeweiligen technischen Sachverständigen geklärt werden.

Inhalt und Umfang der rechtlichen Due Diligence hängen vom jeweiligen Einzelfall und vom Wunsch des Mandanten ab.

Hinweis: Die Käufer sollten darauf hingewiesen werden, dass alle Informationen vollständig und wahrheitsgemäß erteilt werden müssen, insbesondere müssen in Bezug auf die Verträge auch etwaige Nachträge, sowie Änderungs- oder Ergänzungsvereinbarungen, auch mündliche, oder mündliche und „stillschweigende“ Abweichungen von schriftlichen Verträgen und Nachträgen, offen gelegt werden. Die Käufer müssen auf Grund der zur Verfügung gestellten Information in der Lage sein, sich über das Unternehmen und all seinen Bestandteilen und Verträgen ein vollständiges und wahrheitsgemäßes Bild zu machen.

Grundsätzlich wird im Rahmen der rechtlichen Due Diligence geprüft:

Gesellschaftsrecht

  1. Satzung des Unternehmens
  2. Eintragung des Unternehmens
  3. etwaige Betriebsstätten
  4. Gesellschafterliste und
  5. Gesellschafterbeschlüsse
  6. Inhalt und Umfang von Vertretungsbefugnissen
  7. Gesellschaftsrechtlich relevante Verträge (z.B. Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, Gesellschafterdarlehen, stille Gesellschaften und Genussrechte)
  8. Anträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahren
  9. Welche Rechtsstreitigkeiten gibt es darüber oder könnten demnächst entstehen?

Arbeitsrecht

  1. Würde ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vorliegen?
  2. Anzahl der Arbeitnehmer (wegen Geltung des Kündigungsschutzgesetzes)
  3. Inhalt aller Arbeitsverträge
  4. Gibt es Tarifverträge (ggf. für „allgemeinverbindlich“ erklärte)?
  5. Gibt es Betriebsvereinbarungen?
  6. Gibt es Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung?
  7. Gibt es offene Ansprüche gegenüber Arbeitnehmern aus der Vergangenheit?
  8. Welche Rechtsstreitigkeiten gibt es darüber oder könnten demnächst entstehen?

Grundstücke

  1. Gibt es Grundstücke und in wie fern sind diese mit Rechten Dritter belastet? Welche Rechte und Pflichten ergeben sich daraus?
  2. Mietverträge, ggf. mit Nachträgen?
  3. Welche Rechtsstreitigkeiten gibt es darüber oder könnten demnächst entstehen?

Verträge, einschließlich etwaiger Nachträge, Änderungs- und Ergänzungsvereinbarungen (auch mündliche oder „stillschweigende“)

  1. Welche sonstigen wesentlichen Verträge gibt es (Kundenverträge, Zuliefererverträge, Bank- und Kreditverträge, Vertriebsverträge, Versicherungsverträge, Kooperationsverträge etc.) und gibt es insoweit Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten (z.B. fällige und nicht erfüllte Verbindlichkeiten aus diesen Verträgen)?
  2. Welche Rechtsstreitigkeiten gibt es darüber oder könnten demnächst entstehen?

Inventarliste mit den sonstigen Wirtschaftsgütern des Anlage- und Umlaufvermögens

  1. Stehen diese im Eigentum des Verkäufers und sind sie frei von Rechten Dritter?
  2. Welche Rechtsstreitigkeiten gibt es darüber oder könnten demnächst entstehen?

Gewerbliche Schutzrechte und Urheberrecht

  1. Hat das Unternehmen die notwendigen Rechte und Lizenzen für alle etwaigen Marken, Patente, Software, Geschmacksmuster, Texte, Musik, Fotos, Logos, Karten etc.?
  2. Hat das Unternehmen anderen Nutzungs- und Lizenzrechte gewährt?
  3. Welche Rechtsstreitigkeiten gibt es darüber oder könnten demnächst entstehen?

Öffentliches Recht

  1. Haftung für Umweltbelastungen?
  2. Welche Genehmigungen müsste das Unternehmen haben (sachbezogene und/oder personenbezogene)?
  3. Können diese Genehmigungen übertragen werden und ggf. wie?
  4. Welche Anzeige- und Informationspflichten gegenüber Behörden gibt es?
  5. Welche Förderungen und Zuschüsse wurden gewährt?
  6. Welche Rechtsstreitigkeiten gibt es darüber oder könnten demnächst entstehen?

Steuerrecht

  1. Liegt eine „Geschäftsveräußerung“ i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG vor?
  2. Besteht die Gefahr der Haftung des Käufers für Steuerschulden des Verkäufers nach § 75 AO?
  3. Wann war die letzte Betriebsprüfung und mit welchem Ergebnis?
  4. Liegen die Jahresabschlüsse und ggf. Steuerbescheide der Jahre ab der letzten Betriebsprüfung vor? Gibt es dort Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten?
  5. Welche Rechtsstreitigkeiten gibt es darüber oder könnten demnächst entstehen?

Zustimmungserfordernisse hinsichtlich des Unternehmenskaufs

z.B. eines Aufsichtsrats, des Ehegatten nach § 1365 BGB, der Gesellschafterversammlung, der finanzierenden Bank, von Behörden, des Kartellamtes etc.

 

IV. Gestaltung und Verhandlung des Unternehmenskaufvertrags

Hinweis: die Due Diligence endet oft mit „Problemen“ und rechtlichen Risiken, die sich gezeigt haben und für die nunmehr Lösungen gefunden werden muss. Aus ihr ergeben sich die Punkte, die im Kaufvertrag geregelt werden müssen.

Unter Umständen zeigen sich bei der Due Diligence schwerwiegende Mängel, die den Käufer veranlassen, vom Kauf Abstand zu nehmen. In einem solchen Fall könnte geprüft werden, wer die Kosten der (für den Käufer nutzlosen) Due Diligence abschließend trägt. Solche Fälle sind aber selten – fast immer lassen sich für die aufgetretenen Probleme angemessene Lösungen finden, so dass der Kauf des Unternehmens nicht scheitern muss.

1. Nach der Due Diligence sollten sich die Parteien zusammensetzen, und das Ergebnis besprechen. Dabei sollte geklärt werden:

  1. Welche Probleme sind zutage getreten?
  2. Wie und bis wann lassen sich diese Probleme lösen? Was sind die Vor- und Nachteile der einzelnen Lösungsoptionen?
  3. Wer übernimmt dabei welche Aufgaben?
  4. Wer soll ggf. die Kosten dafür tragen?

2. Wenn sich die Parteien darüber geeinigt haben, wie sie mit den Problemen und Risiken umgehen wollen, folgt der Entwurf des Kaufvertrages. Hier sollten geklärt werden:

  1. Wer erarbeitet den Kaufvertragsentwurf?
  2. Bis wann ist mit der Erstellung des Entwurfs zu rechnen?
  3. Bis wann wird die andere Seite den Kaufvertragsentwurf voraussichtlich geprüft und dazu Stellung genommen haben?
  4. Welche Aufgaben ergeben sich aus dem Kaufvertrag für die Parteien und bis wann sind diese zu erledigen?
  5. Ggf. wann und wo trifft man sich, um die noch offenen Fragen im Kaufvertrag zu verhandeln und den Vertrag unterschriftsreif zu machen?
  6. Welche „Closing-Bedingungen“ und Aufgaben (z.B. Umschreibung des Mietvertrages, Übertragung eines Bankkontos, Übergabe von Unterlagen an den neuen Steuerberater etc.) ergeben sich aus dem Kaufvertrag für die Parteien; von wem und bis wann sind diese zu erledigen?

3. Was den Inhalt des Kaufvertrages angeht: typische Themen sind die Punkte im Term Sheat, nämlich u.a.:

  1. Was genau wird verkauft und übertragen? Was wird vom Käufer nicht übernommen?
  2. Wann und wie geht das Eigentum am verkaufen Gegenstand/ Recht (bzw. an den verkauften Gegenständen und Rechten) jeweils auf den Käufer über?
  3. Welche Übergangsregelungen sollen gelten für die Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und vollständiger Übergang des Unternehmens?
  4. Ab wann steht der Gewinn /die Erlöse/ dem Käufer zu? Was passiert mit vorausbezahlten Kosten und Steuern?
  5. Wie setzt sich der Kaufpreis zusammen und gibt es u.U. spätere Änderungen/Anpassungen?
  6. Wann ist der Kaufpreis fällig und wie wird er abgesichert?
  7. Welche Garantien übernimmt der Verkäufer und was sind die Folgen bei Garantieverletzungen?
  8. Einarbeitungs- und Unterstützungspflichten des Verkäufers: Umfang und Dauer, ggf. gesonderte Vergütung dafür?
  9. Wettbewerbsverbote und Kundenschutz: Umfang und Dauer
  10. Steuerklauseln, u.a.: Was passiert mit Steuernachforderungen oder bei steuerlichen Fehleinschätzungen? Wem stehen Steuerrückerstattungen zu?
  11. Verschwiegenheitspflichten: Umfang und Dauer
  12. Sonstige Fragen (z.B. anwendbares Recht, Gerichtsstand, Datum des Wirksamwerdens des Vertrages, an welche Anschrift sind Mitteilungen zu richten)